6. Literaturreform
Die deutsche Barockliteratur entsteht als bewußte Anknüpfung an den europäischen Humanismus. Sie ist ein absichtlicher Bruch mit nationalen Traditionen, und zwar aus patriotischen Motiven. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch. In Deutschland war es kaum – wie in Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, Holland oder England – zur Ausbildung einer humanistischen Literatur in der Volkssprache gekommen. Auf deutsch schrieben meist nur Autoren wie Luther oder Hutten, die aus religiösen oder politischen Motiven eine starke Breitenwirkung anstrebten, oder Halbgelehrte wie Hans Sachs. Deutsche Humanisten von europäischem Rang dichteten vorzugsweise in Latein. Diesen Zustand will nun die barocke Literaturreform ändern: man will beweisen, daß auch die deutsche Sprache zu den selben gelehrten und poetischen Leistungen fähig ist wie die anderen Nationalsprachen. Nicht zufällig erwachsen diese Bestrebungen aus protestantischen Kreisen, und auch der Zusammenfall mit dem Dreißigjährigen Krieg ist kein Zufall. Die protestantische deutsche Geisteselite will sich von der internationalen katholischen Welt absetzen. Dazu gehört, die lateinische Sprache durch die deutsche zu ersetzen. (Karl V. soll gesagt haben, daß er nur mit seinen Pferden deutsch spreche.) Martin Opitz hat sich selbst als ‚Reformator’ gesehen, der die religiöse Reformation durch eine kulturelle ergänzt. Die kulturpatriotische Bewegung der Barockzeit entsteht also aus protestantischem Geist. Aber auch die katholischen Schriftsteller der Gegenreformation, soweit sie in der Landessprache schreiben, machen sich diese Prinzipien dann zu Nutze.
Aufgabe 6
Erklären Sie den Zusammenhang der deutschen Barockliteratur mit dem Humanismus!