10. Die sprachliche Reform
Die patriotische Pflege der deutschen Sprache war ein Hauptanliegen der Zeit. Eine große Bedeutung hatte dabei der Begriff der Reinheit (puritas). Das richtet sich auch bei Opitz gegen Fremdwörter und gegen Dialektausdrücke. Der Kampf gegen die Fremdwörter – obwohl er oft bis ins Komische übertrieben wurde – hatte doch einen sprachschöpferischen Nutzen. Es wurden neue Wörter gebildet, und den unvermeidlichen Fremdwörtern wurde eine deutsche Form gegeben. Gefährlich war hingegen der Kampf gegen die Dialekte, weil er auf einem fundamentalen Mißverständnis der deutschen Sprache beruhte. Die Dialekte – übrigens auch die anderen germanischen Sprachen – wurden als Verfall der ursprünglichen Hochsprache angesehen. Tatsächlich sind die Dialekte aber das Ursprüngliche, und die Hochsprache ist eine künstliche Konstruktion. Seit Luther galt nun das in Sachsen, besonders in Meißen, gesprochene Mitteldeutsch für besonders hochsprachlich. Der meißnerische Dialekt wurde praktisch zu Hochdeutsch erklärt, wogegen sich in oberdeutschen katholischen Kreisen Widerstand regte. Trotzdem hat sich das Luther-Deutsch zwar nicht vollständig, aber doch weitgehend durchgesetzt, worin sich erneut der Einfluß des Protestantismus in der deutschen Barockdichtung zeigt.
Opitz fordert aber auch Wortschöpfungen. In der Barocksprache werden besonders häufig aus ursprünglichen Genitivkonstruktionen neue Komposita gebildet. Diese Entwicklung läßt sich oft an der Textgeschichte ablesen: aus ‚der Sinnen Lust’ wird in späteren Fassungen ‚die Sinnenlust’, aus ‚des Himmels Saal’ wird ‚der Himmelssaal’. Die Vorstellung einer göttlichen Ursprache (lingua adamica) führt zu der Überzeugung von der Übereinstimmung zwischen Wortklang und Sache. Der barocke Kulturpatriotismus geht – etwa bei Justus Georg Schottel (1612-1676) – manchmal so weit, die deutsche Sprache in diesem Sinne für ursprünglicher als andere zu halten. Wörter wie „Wind“ und „Wasser“ oder „Blitz“ und „Donner“ würden diese Dinge oder Phänomene besonders angemessen ausdrücken. Man argumentiert gewissermaßen onomatopoetisch. Schon bei Jakob Böhme (1575-1624) führte das zu einer Art Sprachmystik. So erklärt sich auch die barocke Klangmalerei, die meist keine bloße Spielerei ist, sondern einen theologischen Aspekt hat. Sie führt in den metaphysischen Kern, in das Wesen der Dinge.
Aufgabe 10
Chrakterisieren Sie die Sprachreform von Opitz in seinen Hauptforderungen!