Navigation überspringen

2.2.3. Übungsgrammatiken

 

Im obigen Abschnitt haben wir uns in lehrwerkunabhängigen Grammatiken über Artikelwörter informiert. Wir sind in der Lage, diese in Texten zu erkennen. Können wir sie auch problemlos in einer deutschsprachigen Äußerung verwenden? Es wäre bestimmt hilfreich, Artikelwörter in gezielten Aufgaben einzuüben.


Zum Üben von grammatischen Phänomenen haben sich im Fremdsprachenunterricht so genannte „Übungsgrammatiken" (z. B. EM GRAMMATIK, KLIPP UND KLAR) etabliert. Sie stellen viele Übungen bereit, mit deren Hilfe ein Lerner grammatische Erscheinungen internalisieren kann. Auch für die deutsche Sprache gibt es zahlreiche Übungsgrammatiken. Sie werden nach verschiedenen Kriterien typologisiert. Solche Kriterien sind z. B. die Niveaustufe der Lerner, die Zielgruppe, die Zahl der involvierten Sprachen, die Darstellungssystematik, der Fertigkeitsbezug etc.


Wenn wir die Niveaustufe als Klassifikationskriterium heranziehen, können wir feststellen, dass es Übungsgrammatiken von A1 bis C1 (Niveaustufen des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens) gibt (siehe z. B. B GRAMMATIK 2011, C GRAMMATIK 2013). Beim Erstellen einer Übungsgrammatik wird natürlich auch das Alter der Zielgruppe berücksichtigt. Kinder brauchen andere Übungen als Erwachsene. Das ist soweit nicht überraschend, denn man kann in der Grundschule nicht dieselben Übungsbücher verwenden wie im Gymnasium oder an der Universität. Übungsgrammatiken unterscheiden sich auch dadurch, ob sie in der Zielsprache oder zweisprachig verfasst sind. Eine zweisprachige Übungsgrammatik ist z. B. NÉMET NYELVTANI GYAKORLATOK KÖZÉPISKOLÁSOKNAK von Éva Gottlieb und Zsuzsanna Mekis (2005). Zum Üben von Artikelwörtern werden Aufgaben auf S. 79−83 angeboten.


Im Blick auf die Darstellungssystematik unterscheiden wir zwischen Formgrammatiken und Funktionsgrammatiken. Bei den formorientierten Übungsgrammatiken richtet sich der Aufbau des Buches nach den sprachlichen Formen (z. B. Wortarten, Flexionsformen). Eine unter Deutschlernern bekannte formorientierte Übungsgrammatik ist die so genannte GELBE GRAMMATIK von Dreyer / Schmitt (2009). Hier sind die Übungen nach Wortarten untergliedert. In Bezug auf die Artikelwörter finden wir zahlreiche Übungen im Teil 1 auf S. 9−22. Es gibt auch Übungsbücher, die sich jeweils auf eine Wortart spezialisiert haben, wie z. B. die Übungsgrammatik von Sabine Dinsel (2013) mit dem Titel „Präpositionen" (siehe Abb. 7).


(Zur Leseprobe siehe http://www.onleihe.de/static/content/hueber/20130403/978-3-19-897490-2/v978-3-19-897490-2.pdf).


Abb. 7. Übungsgrammatik „Präpositionen“ (Dinsel 2013: S. 48-49)

Im Gegensatz zu Formgrammatiken stellen Funktionsgrammatiken nicht die sprachlichen Formen, sondern die Funktionen sprachlicher Äußerungen in den Mittelpunkt. Ausgehend von verschiedenen Sprechabsichten werden mögliche sprachliche Formen angeführt und eingeübt. Als funktionsbasierte Übungsgrammatik kann hier z. B. GRAMMATIK IN FELDERN angesprochen werden. Die Übungen gehen von Situationen aus. Die Situationen werden mit den passenden sprachlichen Formen bewältigt. Nehmen wir ein Beispiel, um das Konzept dieser Übungsgrammatik zu veranschaulichen! Eine im Alltag oft vorkommende Sprechabsicht ist, Vermutungen anzustellen. Es fehlt z. B. jemand in der Lehrveranstaltung, und wir wissen nicht genau, wo er ist. Wir können unsere Vermutung mit unterschiedlichen grammatischen Strukturen zum Ausdruck bringen:

Er ist wahrscheinlich zu Hause.
Er muss krank sein.
Er wird wohl den Kurs vergessen haben.
etc.

Diese Herangehensweise ist am Anfang vielleicht ungewöhnlich. Beim näheren Betrachten können wir jedoch schon nachvollziehen, dass wir bei der Sprachproduktion in der Regel von einem Inhalt ausgehen und dazu sprachliche Formen suchen. Haben wir einen Gedanken, den wir anderen mitteilen wollen, müssen wir dazu passende Wörter und Strukturen suchen. Wollen wir etwa jemanden auffordern, etwas zu tun, kommen unter anderem Imperative und Konjunktive in Frage, wie im Folgenden:

Bringen Sie bitte eine Übungsgrammatik ins Seminar mit!
Könnten Sie eine Übungsgrammatik ins Seminar mitbringen?
Ich wünsche mir, dass Sie eine Übungsgrammatik ins Seminar mitbringen.
Wir könnten effektiv arbeiten, wenn jeder eine Übungsgrammatik ins Seminar mitbringen würde.

In GRAMMATIK IN FELDERN finden wir gute Übungen zu weiteren üblichen Sprechabsichten (z. B. Begründung, Wunsch, Widerspruch etc.).
Ein weiterer für das Sprachenlernen relevanter Aspekt zum Typologisieren von Übungsgrammatiken ist der Fertigkeitsbezug im Konzept des betreffenden Buches. Es gibt Übungsgrammatiken, die grammatische Kenntnisse als Teilfertigkeit isoliert üben. Es sind auch Übungsbücher erschienen, die Grammatikkenntnisse integriert in die Grundfertigkeiten (Lesen, Sprechen, Hören, Schreiben) schulen. Die Übungen befinden sich in den fertigkeitsorientierten Übungsgrammatiken in der Regel auf der Textebene. Beim Lösen der Übungen sollen Texte verstanden werden und neue Texte entstehen. Lerner entschlüsseln dabei die Funktionen grammatischer Konstruktionen. Im nächsten Schritt wenden sie möglichst in eigenen Texten die internalisierten grammatischen Konstruktionen an. Ein gutes Beispiel zum Thema Artikelwörter liefert KLIPP UND KLAR (siehe Abbildung 8).


Abb. 8: Eine Aufgabe zu Artikelwörtern in KLIPP UND KLAR (2013: S. 83)

11. Aufgabe

Lösen Sie die Übung 1.1. und 1.2. in KLIPP UND KLAR (2013: S. 83)!

12. Aufgabe

Welche Grammatiken und Übungsgrammatiken kennen Sie aus der Schule?

Wie könnte man diese klassifizieren?