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3. Symbolismus

- Der Begriff 'Symbol': von (griechisch) symbolon = Zeichen, Kennzeichen

Das Symbol (Sinnbild) ist „ein Gebilde, dem von einer bestimmten Gruppe von Menschen ein besonderer, durch das Wesen des Gebildes (im Gegensatz zur Allegorie) nicht nahegelegter Sinn verliehen worden ist" und daher „den Charakter des Geheimzeichens", trägt. (Philosophisches Wörterbuch)

 

Symbolismus (als literatur- und kunsthistorischer Begriff)

- bezeichnet eine in ganz Europa verbreitete Richtung in Literatur und bildender Kunst
Wegbereiter: der amerikanische Dichter Edgar Allan Poe und der Franzose Gérard de Nerval.

 

Die wichtigsten Vertreter:

in Frankreich:

- Charles Baudelaire: Lyrikband: Les fleurs du mal (1857, Die Blumen des Bösen) und die Sammlung von Prosagedichten Le spleen de Paris (1869, Der Spleen von Paris)
- Stéphane Mallarmé: literarischer Salon, Dichtung: L'après-midi d'un faune (1876, Nachmittag eines Fauns),
- Paul Verlaine: Romances sans paroles (1874, Lieder ohne Worte)
- Arthur Rimbaud: Le bâteau ivre (1871, Das trunkene Schiff) und Une saison en enfers (1873, Aufenthalt in der Hölle)

in Belgien: Maurice Maeterlinck, Emile Verhaeren
in Italien: G. D'Annunzio
in England: Oscar Wilde, William Butler Yeats
in der russischen Literatur: Alexander Blok, Andrei Belyj

 

Wichtigste Merkmale:

- Ablehnung jeglicher naturalistischen und realistischen Traditionen mit dem positivistisch-materialistischen Denken
- Krisen- und Dekadenzbewusstsein
- die Elemente der realen Welt werden in Symbolen wiedergegeben
denn: die symbolistischen Dichter gehen von der Vorstellung eines hintergründigen Zusammenhangs alles Seienden aus;
- dieser tiefere Sinn ist nur für Sensible und Eingeweihte wahrnehmbar

Stefan George:

Der Teppich

Hier schlingen menschen mit gewächsen tieren
Sich fremd zum bund umrahmt von seidner franze
Und blaue sicheln weisse sterne zieren
Und queren sie in dem erstarrten tanze.Und kahle linien ziehn in reich-gestickten
Und teil um teil ist wirr und gegenwendig
Und keiner ahnt das rätsel der verstrickten.
Da eines abends wird das werk lebendig.
Da regen schauernd sich die toten äste
Die wesen eng von strich und kreis umspannet
Und treten klar vor die geknüpften quäste
Die lösung bringend über die ihr sannet!
Sie ist nach willen nicht: ist nicht für jede
Gewohne stunde: ist kein schatz der gilde.
Sie wird den vielen nie und nie durch rede
Sie wird den seltnen selten im gebilde.

 

- die Aufgabe der Dichtung: die Zusammenhänge zwischen den äußeren Erscheinungen und den verborgenen Seins- und Bewusstseinsschichten hervorzurufen;
vieldeutige Metaphern, Assoziationen durch Klang der Wörter, Übertragen von Sinneseindrücken aus einem Bereich in den anderen durch Klangfarbe, Satzbau und Sprachmelodie (Synästhesie)
- alles kann mit allem zusammenhängen und eine geheime innere Einheit gewinnen: →'analogies universelles', Zusammenklang aller sinnlichen Mittel
- (bei Mallarmé) Poesie ist aus allen kommunikativen Zweckbestimmungen gelöst

 

die Heraufbeschwörung einer autonomen Welt hinter den Dingen, des Absoluten, das sprachlich nicht erfasst, sondern nur durch einen poetischen „Seelenzustand" angedeutet werden kann.
- Das poetische Wort erschafft auf magische Weise einen eigenen Kosmos - durch Heraufbeschwörung, Anspielung und Suggestion
- Dichtung wird zur absoluten Dichtung, zur „poésie pure" (reine Poesie)
die Kunst dient nur noch sich selbst: l'art pour l'art.
- die symbolistischen Intentionen erschienen zuerst in der Lyrik, später wurden sie auch auf die anderen Gattungen übertragen