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Anhang 3.2d

Anhang 3.2d,

[W]ahre Reisebeschreibungen gibt es ebenso wenig wie die „objektiven Quellen, die sich Historiker häufig wünschen". Die Berichterstattung über das Reisen unterliegt vielfältigen literarischen Vorbedingungen und Maßgaben, mentalitätsgeschichtlichen Einflüssen (Länderstereotypen) und ganz praktischen funktionalen Erfordernissen. Reiseberichte bieten einzigartige Einblicke in den Entstehungsprozess der Fremdwahrnehmung. Denn „außenstehende nehmen vieles Wahr, was aus der Innenperspektive überhaupt nicht sichtbar wird. Die Fremden registrieren, was den Einheimischen aus Gewohnheit so vertraut und alltäglich ist, dass sie es gar nicht mehr erwähnen.

Die Beobachter sind aber auch nicht neutral, die „ das Gesehene gleichsam objektiv wiederspiegeln. Ihre Schilderungen sind vielmehr interpretative Konstruktionen, die durch die mentalen Schemata und impliziten Bewertungen der Wahrnehmenden geprägt sind. „Reisende beschreiben nicht nur, was sie sehen, sondern sie berichten vieles, was sie nur von Hörensagen kennen oder was sie sich aus einheimischen Quellen abgelesen haben." Und immer steht in den Berichten der Fremden auch ihre eigene Herkunftskultur im Hintergrund.

(Lit.: Das 18. Jahrhundert. Zeitalter der Aufklärung, Hg.: Iwan-Michelangelo D' Aprile u. Winfried Siebers, Berlin, 2008, S.118)