Skip navigation

Vorwort

Im 21. Jahrhundert werden die Metapher der „Bibliothek der Welt" bei Borges oder der Begriff der „Gutenberg-Galaxy" von McLuhan teils durch andere abgelöst. Denken wir nur an das oft verwendete Syntagma: „globales Dorf". Im Unterricht können diese Veränderungen und Paradigmenwechsel nicht mehr außer Acht gelassen werden. Über die Bücher und die gedruckten Lehrwerke hinaus wird der Akzent immer mehr auf die sog. elektronischen Tertiärmedien gelegt.
Das vorliegende digitale Lehrmaterial versteht sich als ein Versuch, die Vorteile des digitalen Zeitalters auch im akademischen Bereich, in Form von Unterrichtsmaterialien in Seminaren oder als Unterlagen in Workshops für praktizierende Lehrkräfte zu verwenden. Es gewährt Einblicke in die Germanistik und dient einem doppelten Zweck: Einerseits ermöglicht es (zukünftigen) Lehrenden die Auseinandersetzung mit einigen ausgewählten Themen zu Bereichen, die das Germanistikstudium in Ungarn prägen. Somit dient das Lehrwerk auch als Orientierung. Andererseits bieten die Unterrichtseinheiten die Möglichkeit, sich mit den einzelnen Themen genauer zu befassen, sei es im Unterricht oder im Selbststudium.

Das Lehrwerk besteht aus fünf Themenkomplexen, die nicht aufeinander aufbauen, so dass sie auch einzeln in beliebiger Reihenfolge bearbeitet werden können. Es gibt verschiedene Module zu Wissenschaftsbereichen der Literatur, der Medienkultur und der Landeskunde, bzw. zum DaF-Unterricht und nicht zuletzt zur Sprachwissenschaft.

Im ersten Modul werden die literarischen, aber auch die historischen, philosophischen und religiösen Hauptcharakteristika des deutschen Barocks zusammengefasst. Passend ausgewählte Textbeispiele repräsentativer Autoren mit gezielten Interpretationshinweisen sollen das im Allgemeinen Gelernte konkret veranschaulichen. Die zu jedem Abschnitt gestellten Aufgaben sind geeignet, das Verständnis zu überprüfen.
Das zweite Modul stellt die neuen literarischen Strömungen am Ende des 19. Jahrhunderts dar. Im ersten kurzen Teil wird der Begriff der Moderne, seine Komplexität untersucht, indem seine ästhetischen bzw. historischen Bezüge angedeutet werden. Der zweite Teil fasst die gemeinsamen Merkmale der drei dem Naturalismus entgegengesetzten Tendenzen, die des Impressionismus, des Symbolismus und des Jugendstils zusammen. Der letzte Teil gibt mit Hilfe einer Tabelle einen kurzen Überblick über die komplexen Relationen zwischen den Richtungen der Fin-de Siècle und den literarischen bzw. Kunstparadigmen des frühen 20. Jahrhunderts. Jeder Teil wird durch Fragen und Aufgaben ergänzt, die, teils interaktiv, dazu beitragen, die literaturgeschichtlichen und ästhetischen Grundkenntnisse zu vertiefen.

Im ersten Teil des zweiten Themenkomplexes, „Literatur- und Kulturtheorie", werden die Grundformen des Gedächtnisses vorgestellt und mit Hilfe von Textbeispielen und Aufgaben geübt, um verschiedene Inhalte und Strukturen der Erinnerung und des Gedächtnisses kennen zu lernen. Im zweiten Teil wird die Rolle der Medien (vor allem die der Architektur, der Archive und Bibliotheken, der Denkmäler und Gedenkstätten) als Vermittler zwischen der individuellen und der kollektiven Dimension thematisiert. Im zweiten Modul von „Literatur- und Kulturtheorie" geht es um einige Charakteristika der Fremdheit in der Literaturwissenschaft. Nach einer Sensibilisierung soll die essentialistische Auffassung von Fremdheit demontiert und den Studierenden stattdessen die dynamische nahe gebracht werden. In der zweiten Phase geht es dann um philosophische Zusammenhänge anhand der Theorie von Bernhard Waldenfels. Der dritte Teil behandelt literaturgeschichtliche Fragestellungen. Mit einem Sprung in das 18. Jahrhundert und durch die Behandlung einiger Aspekte der Reiseliteratur wird das Dargestellte anhand von Textauszügen weiter spezifiziert. Abschließend geht es dann um „Fremdheit" als ästhetische Kategorie und in diesem Zusammenhang insbesondere um die Theorie von Verfremdungstechniken in der Literatur.

Die Aufgabentypen zur Terminologie der Text-Bild-Beziehungen beim zweiten Thema haben das Ziel, Vorkenntnisse zu aktivieren und zu ergänzen, bzw. von der Problematisierung des Phänomens ausgehend, das wissenschaftliche Vokabular durch die Analyse von theoretischen Texten zu erweitern. Die Bearbeitung der Texte erfolgt mit Hilfe von Tabellen, die den Studierenden eine breite Palette der wissenschaftlichen Fachterminologie eröffnen. Der zweite Teil des Moduls widmet sich verschiedenen Formen der Inter- bzw. Multimedialität, wobei auch traditionelle Kategorisierungen hinterfragt werden wie u.a. Literaturadaptionen am Beispiel des Comics.

Im Modul 4 werden zunächst die Relationen des Körpers zum Medium unter medienphilosophischen und kulturtheoretischen Aspekten untersucht. Es werden diverse Zugänge zum Medialen behandelt, miteinander verglichen und die Relevanz des Sinnlich-Leibhaften hervorgehoben. Im Folgenden werden - teils mit Hilfe literarischer Textvorlagen - die kulturellen Inszenierungen des Körpers näher anvisiert. Die Themen werden anhand von konkreten und aktuellen Beispielen erarbeitet. Im zweiten Teil werden anhand von Fragebögen komplexe Analysen zu literarischen Werken des 20. Jahrhunderts und der jüngsten Gegenwart durchgeführt.

Das Lehrmaterial im Modul für Literaturvermittlung anhand eines Beispiels aus der Jugendliteratur besteht aus 6 Teilen. Die erste Einheit bietet einführende Informationen über den Autor und das Werk und enthält vorbereitende Aufgaben zur Lektüre. Vier weitere Kapitel behandeln die zentralen Themen des Romans, mit Cluster-Aufgaben und Aufgaben zur Wortschatzerweiterung unter Einbezug des Primärtextes, die dann mit aktuellen Zeitungsartikeln und dazu gehörenden Tests zur Prüfung des Leseverstehens ergänzt werden. Die letzte Einheit befasst sich mit dem Märchen-Roman Momo als literarischem Werk und zeigt Methoden, wie Kinder- und Jugendliteratur im Unterricht behandelt werden kann.

Das vierte, sprachwissenschaftliche Thema beinhaltet vier Module. Das erste Modul behandelt „Grammatiken und Übungsgrammatiken". Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die Bedeutungen von „Grammatik" sowie über verschiedene Grammatiken. Das Modul mit dem Titel „Grammatiklernen mit Strategie" widmet sich der Praxis und zeigt, wie man Grammatik effektiv lernen kann. In den Modulen drei und vier wird der Gebrauch von Präpositionen und Konjunktionen behandelt. Die Funktionen dieser Wortarten werden anhand von Textausschnitten dargestellt und erklärt. Die Kontrastivität, d.h. der Vergleich zwischen Deutsch und Ungarisch spielt sowohl in der Beschreibung als auch in den Aufgaben eine wichtige Rolle. Die Aufgaben zeigen in den einzelnen Modulen ein breites Spektrum an Aufgabentypen: Mind Maps, Lückentexte, Zuordnungsaufgaben und Multiple-Choice-Aufgaben kommen gleichermaßen vor und unterstützen die Praxisorientierung des Lehrwerks. Zu jeder Aufgabe wird auch eine Lösung angegeben.

Beim letzten Thema wird ein Überblick über die Aspekte gegeben, die sich mit der Vermittlung landeskundlicher Kenntnisse befassen. Begriff und Bedeutung von Landeskunde werden im Fremdsprachenunterricht konkretisiert, weiterhin wird darauf hingewiesen, welche Unterschiede es zwischen faktischer oder informationsbezogener Landeskunde, kommunikativer, sprachbezogener Landeskunde und interkultureller Landeskunde gibt. Mehrere angesprochene Aspekte werden anschließend vertieft und anhand von Beispielen veranschaulicht. Im zweiten Teil wird ein konkretes Thema – die Landeskunde Österreichs – behandelt.

Wir wünschen den Leserinnen und Lesern, dass sie durch die Lektüre neue Kenntnisse und Einsichten gewinnen, die sich in der Unterrichtspraxis gut einsetzen lassen.

Pécs, im September 2015

Krisztina Molnár, Anna Reder und Edina Sándorfi